Gesinnungs-Hygiene

Die halbrunde Klinge, die über jeden denkenden und fühlenden Menschen heutzutage an der Kette hin und her schwingt, der da die Frechheit besitzen möge, aktuelle Gegebenheiten mit den schrecklichen Dingen vor und während des Zweiten Weltkrieges vergleichen zu wollen. Sie schwingt tief. Rasiert sie doch selbst das hellste und kleinste Haar an der Spitze der Brust. Kaum wagt man noch zu atmen, man glaubt, den Schnitt ins Fleisch bald nicht mehr erwarten zu können. Damit es endlich vorbei ist.

Der Punkt ist nicht, dass begangene Verbrechen verharmlost werden. Das täte kein Mensch, der bei Sinnen ist. Der Punkt ist: die heutigen Toten im Osten, egal ob Ukrainer oder Russen, passen dem Westen, so sehr er am Abnippeln ist, gar sehr ins Konzept. Wieder einmal stirbt »unwertes« Leben. Es sind nur Slawen. Mitesser. Widerrechtliche Besetzer von Land, welches schon immer dem Westen zustand. Obwohl es im Osten liegt.

Das Schlimmste ist: für mich sind Russen, Ukrainer und Weißrussen ein Volk. Sie gehören zusammen. So wie Bayern, Sachsen und Hessen.

Lebensraum im Osten. Dies war mal der Kalenderspruch in der Küche eines jeden »Volksgenossen«. Schon immer aber ging es nur um Ressourcen. Zum Ausweiden. Für schnöden Profit. Für die Wenigen, die da glauben, sie wären die Krone der Schöpfung.

Zu viele Menschen stören. Wir haben es nur leider noch nicht so recht begriffen. Jeder stirbt für sich allein, wieder einmal. Die nächsten werden wir sein.

Das große C, Klima, Gender, Ernährung, Krieg. Alles steht bereit. Ein Entkommen wird bald unmöglich.

Die Frage lautet: warten auf das Ende oder verharren, der vergangenen Zeiten wegen?

Oder doch das Boot gen Osten besteigen, solange es noch irgendwie möglich ist? Auch, wenn man dabei alles verlieren wird? Was verliert man? Dinge, sicher den Besitz, der eh bald unmöglich sein wird. Wird irgendwann die Rente überwiesen?

Familie, Freunde. Die gewohnte Umgebung. Die Sprache der Mutter.

Mein Vater schwamm in den vielen Jahren, die er in Russland verbrachte, immer in heimischen Wassern. Meine Mutter verliert noch heute kein schlechtes Wort über die Russen. Obwohl die Zeiten von 1945 bis 1947 keine leichten waren in der alten Heimat Ostpreußen.

Ich denke, leichtes Gepäck wird in den kommenden Zeiten ein guter Rat sein.

So, wie es sich hier immer schneller in den tiefsten Abgrund allen menschlichen Seins bewegt, möchte ich nicht den Rest meiner Tage verbringen.

Hoffnung auf bessere Tage. Das wäre schön.

Schreibe einen Kommentar